- Hotel, Restaurant, Café; Markt 2/3
Anzeige von 1919
Das an der Ecke des Marktplatzes gelegene Grundstück gehörte ursprünglich der Familie von Vieregge-Rossewitz. Der Güstrower Bürger Georg Fallenkamp erwarb 1726 das dort stehende Haus und richtete eine Gastwirtschaft mit Ausschank ein. Johann Christian Müller liess 1790-92 dann das auf den frühen Postkarten zu sehende zweistöckige Gebäude als "Müller'sches Gasthaus" errichten. Es verfügte über gut ausgestattete Logierzimmer, einen Saal und Stallungen. 1808 kaufte Johann Christian Jahn das Gasthaus. Zeitweise diente es in den folgenden Jahren den in Güstrow stationierten französischen Besatzungstruppen als Hauptquartier. 1836 wurde das Haus in "Hotel Erbgroßherzog" umbenannt. Weitere Anbauten und Grundstückszukäufe erfolgten 1842 unter Besitzer Adolph Dettmann, bzw. 1854 unter Adolf Knitschky. In der Zeit um 1886 wurde das Haus von Heinrich Knoll betrieben.
Rechts neben dem "Hotel Erbgroßherzog" befand sich das Hotel "Stadt Hamburg". Nach dem Abriss beider Häuser entstand hier in den Jahren 1911/12 das neue "Hotel Erbgroßherzog", errichtet von einem finanzkräftigen Rostocker Konsortium nach Plänen des Architekten Walter Budzeck. Zur Eröffnung 1913 übertrug man Rudolf Zachow die Verwaltung des Hotels, doch schon 1919 kaufte er das ganze Objekt. In der Baulücke links dahinter wurde in den Jahren 1924/25 nach den Entwürfen des Architekten Martin Eggert ein grosser Saal mit 1000 Plätzen und ein kleinerer Saal angebaut. Letzterer wurde später als Kino genutzt und hiess zunächst "Erbgroßherzog-Lichtspiele" ; wurde dann aber später in "Capitol" umbenannt. Mit diesem Anbau kam es wohl auch zum Umbau der Räume an der linken Ecke zum bekannten "Kaffee Borwin", das Rundbogenfenster wurde zu einer großen Doppeltür. Auf der Ansicht von 1932 ist beides gut zu erkennen. In jenen Jahren dürfte der "Erbgrossherzog" wohl eines der modernsten Hotels der ganzen Region gewesen sein. Seit 1928 gab es in jedem Zimmer moderne Bäder mit fliessend kaltem und warmen Wasser und eine grosse Telefonzentrale mit etlichen Nebenanschlüssen. Die Zeit brachte auch eine bessere Aussenwerbung mit sich, wie die Ansichtskarte von 1939 erkennen lässt; an der linken Hausecke findet sich eine grosse Leuchtreklame für Hotel und die angeschlossene Weinhandlung. Nach dem Einmarsch der Roten Armee 1945 wurde das Hotel zunächst geschlossen und diente den Offizieren der russischen Kommandantur als Unterkunft, doch schon im November 1945 wurde es unter grossen Schwierigkeiten wiedereröffnet. Anfang der 50ger Jahre musste es dann umbenannt werden, zunächst in "Hotel-Zachow". Schon kurz danach wurde der Besitzer Rudolf Zachow enteignet. Das Hotel war fortan Staatseigentum und der volkseigenen HO (Handelsorganisation) zur Verwaltung und Bewirtschaftung übertragen. Auf der Aufnahme von 1951 wird das Café-Borwin wird schon vom typischen HO-Schriftzug verziert. Schon kurze Zeit später wurde das ganze Objekt zum "HO-Hotel-Stadt Güstrow". Nach der Wende teilweise saniert war das Haus bisher schon in der Hand verschiedener Betreiber und wird derzeit als Hostel genutzt.
Anzeige im Adressbuch Güstrow, 1927